Recklinghausen-Suderwich. Das Heim kann die vereinbarten Pflegepreise anpassen, wenn sich der Pflegebedarf eines Heimbewohners verändert hat, Mehrkosten entstehen, neue Investitionen (Instandhaltung, Umbau, Modernisierung) erforderlich wurden. Dann jedoch sind Regeln einzuhalten, die das Wohn- und Betreuungsgesetz (WBVG) vorgibt. Die gelten auch für Einrichtungen der Tages- und Nachtpflege oder für die Kurzpflege.
Im Einzelnen gilt:
Änderung der Berechnungsgrundlage
Die Kosten für Pflege, Betreuung, Verpflegung, Unterbringung und Investitionen wurden ursprünglich nach den Regeln berechnet, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses galten. Ändern sich die Regeln im Lauf der Zeit, kann das zu Kostenveränderungen führen, die die Gepflegten hinnehmen müssen.
Kostensteigerung
Lohnkostenerhöhungen in der Pflege, Betreuung, Zimmerreinigung, gestiegene Kosten für Energie und Lebensmittel können selbstverständlich immer wieder zu Anpassungen der Heimkosten führen.
Preiserhöhung nicht ohne Genehmigung
Hat das Heim mit den Pflegekassen und dem Sozialhilfeträger einen grundsätzlichen Versorgungsvertrag geschlossen, muss eine gewünschte Preisanpassung zunächst mit diesen vereinbart werden. Die Veränderung muss begründet und die Notwendigkeit nachgewiesen werden. Dann werden die neuen Kostensätze mit den Pflegekassen und dem Sozialhilfeträger verhandelt. Erst wenn man sich geeinigt hat, ist eine Änderung der Pflegesatzvereinbarungen und eine Weitergabe der gestiegenen Aufwendungen an die Heimbewohner möglich.
Was gilt für Selbstzahler?
Selbstzahlende sind diejenigen, die keine Zuschüsse der Pflegekasse oder des Sozialamts zu den Heimkosten erhalten. Sicherlich nicht der Regelfall. Für diese Bewohner muss das Heim bei Preisanpassungen nicht mit der Pflegekasse verhandeln, kann aber auch nicht willkürlich an der Preisschraube drehen. Die geforderten Erhöhungen müssen angemessen und dürfen nicht willkürlich sein.
Was ist angemessen? Nicht immer leicht nachzuvollziehen! Wenn im Heim auch Menschen aus der zuvor genannten Gruppe leben, ist ein Vergleich mit den dafür ausgehandelten Preisen hilfreich. Ansonsten kann der Vergleich mit Preisen in anderen Einrichtungen und der Blick auf die allgemeine Preiserhöhung Aufschluss geben.
Heimbewohner haben das Recht auf Einsicht in die Kalkulation des Pflegeunternehmens. Wer nicht über die dazu notwendigen betriebswirtschaftlichen Kenntnisse verfügt, könnte eine unabhängige Beratung in Anspruch nehmen. Mehr dazu in einem späteren Beitrag zu „Rechte im Pflegeheim“.
Investitionskosten
Während Veränderungen bei den oben genannten Rechnungspositionen die Bewohner in vielen gleichermaßen ausgerichteten Pflegeeinrichtungen in ähnlicher Höhe treffen dürften, sind Steigerungen bei den Investitionskosten sehr individuell.
Hier geht es um Aufwendungen für Instandhaltung, Modernisierung, Um- und Ausbau – nicht nur in Bezug auf Gebäude, sondern auch für technische Anlagen, Einrichtung oder Fahrzeuge. Solche Kosten entstehen natürlich vor allem bei älteren Heimgebäuden.
Da sind nicht immer die heutzutage geforderten Barrierefreiheiten, Zimmergrößen und -ausstattungen, Gemeinschaftseinrichtungen und Brandschutz gegeben.
Besteht hier ein hoher Nachholbedarf, kann das zu deutlichen Preissteigerungen für die Heimnutzer:innen führen. Die gestiegenen Kosten werden auf alle Heimbewohner gleichermaßen umgelegt. Allerdings ist eine Erhöhung des Investitionskostenanteils nicht willkürlich möglich.
Der Weg zur Entgelterhöhung
Bei jeglichem Preisanpassungsbegehren muss das Heim schriftlich erklären,
Außerdem ist die Preiserhöhung schriftlich zu begründen:
Diese schriftlichen Erklärungen müssen den Bewohner:innen spätestens vier Wochen vor dem Tag zugegangen sein, zu dem sie den erhöhten Betrag zahlen sollen. Das gilt auch für die oben genannten „Selbstzahler“. Hat der Heimbetreiber auch nur einen der Punkte nicht erfüllt, ist sein Zahlungsaufforderungsschreiben hinfällig!
Rückwirkende Preiserhöhung
Oft kündigen die Heime ihren Preisanpassungswillen an, bevor sie in die Verhandlungen mit den Pflegekassen und dem Sozialhilfeträger eintreten. Da steht also der Umfang einer möglichen Entgelterhöhung noch gar nicht final fest. Genannten werden in der Ankündigung die angestrebten Erhöhungsbeträge.
Nach Einigung mit den Partnern des Versorgungsvertrages können die Heimbetreiber die höheren Preise nachträglich fordern.
Da sich die Verhandlungen in der Regel mehrere Monate hinziehen, kann die später fällige Nachzahlung durchaus beträchtlich ausfallen. Es ist sinnvoll, schon nach der Ankündigung den Erhöhungsbetrag vorsorglich zur Seite zu legen. Ist absehbar, dass die höheren Kosten, also auch die Nachzahlung, nicht tragbar sind, sollte man schon unmittelbar nach Erhalt des Ankündigungsschreibens beim Sozialamt einen Antrag auf Kostenübernahme stellen.
Zustimmung erforderlich
Ohne Zustimmung des oder der Gepflegten ist eine Entgelterhöhung nicht möglich – auch dann nicht, wenn das Sozialamt einen Teil der Kosten zahlt.
Wenn die gesetzlich vorgeschriebenen Pflichten vom Heim nicht erfüllt sind, kann die Zustimmung verweigert werden. Fordert das Heim dennoch die erhöhte Zahlung, muss es diese ggf. klageweise geltend machen.
Oder das Heim erstellt eine neue, dem Gesetz entsprechende Ankündigung der Preiserhöhung. Dafür gilt dann wieder die vierwöchige Ankündigungsfrist.
Hat sich das Heim in allen Punkten korrekt verhalten, ist es nicht sinnvoll, die Zustimmung zu verweigern. Wer dann aber die höheren Kosten nicht tragen will, kann den Pflegevertrag ohne Frist kündigen.
© Gruppe Sozial- und Bildungswerk
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