Recklinghausen-Suderwich. In diesem Beitrag betrachten wir die Unterhaltspflicht von Kindern für ihre Eltern – aber auch die der Eltern für ihre Kinder. Im ersten Fall („Elternunterhalt“) wird das oft erst dann relevant, wenn die Eltern im Heim gepflegt werden müssen.
Der zweite Fall bezieht sich auf die Fremdpflegekosten für hilfsbedürftige Kinder. Ausnahme: minderjährige Kinder erhalten Leistungen zur Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII. Außerdem geht es um Rückforderungsansprüche bei vorherigen Schenkungen.
Das Wichtigste vorab:
… Kinder sind erst ab einem Jahresbruttoeinkommen von 100.000 € unterhaltsverpflichtet (geregelt im „Angehörigen-Entlastungsgesetz“). Diese Grenze bezieht sich nur auf das Einkommen des Kindes. Weiteres Einkommen in der Familie des Kindes wird nicht berücksichtigt. Verpflichtet sind nur Kinder, nicht Schwieger-/Enkelkinder oder sonstige Verwandte. Muss das Kind nicht zahlen oder reicht dessen Zahlung nicht zur Deckung der Pflegekosten, springt das Sozialamt ein. Schenkungen in den 10 Jahren vor Sozialhilfebedürftigkeit können zurückgefordert werden. Hier ist der Rückforderungsanspruch nicht nur auf Kinder begrenzt.
Das Angehörigen-Entlastungsgesetz gilt nicht unter Eheleuten
Ehegatten/Lebenspartner sind sich untereinander zum Unterhalt verpflichtet. Hier gilt die Grenze von 100.000 € nicht. Der Gesetzgeber sieht in diesem Fall eine „besondere gegenseitige Einstandspflicht“. Zusätzlich müssen die Partner auch ihr Vermögen einbringen. Einzelheiten dazu im Teil 9 unserer Beitragsreihe; über die Suche zu finden unter dem Stichwort „Schonvermögen“.
Wer stellt die Forderung?
Zunächst tritt das Sozialamt bei der Deckung unzureichender eigener Mittel der gepflegten Person ein. Wenn Kind oder Eltern jedoch grundsätzlich zum Unterhalt verpflichtet sind, fordert das Amt Ersatz für das Geleistete. Es muss also nicht die gepflegte Person den Anspruch durchsetzen.
Ausnahme bei grundsätzlich bestehender Unterhaltspflicht
Sind dem zu pflegenden Elternteil „erhebliche Verfehlungen“ gegen das unterhaltspflichtige Kind zuzurechnen, haben sie nur einen geringen, vielleicht sogar überhaupt keinen Unterhaltsanspruch. Die Verfehlungen beziehen sich auf die Zeit, in der das Elternteil für das Kind verantwortlich war. Beispiele: Misshandlung, grobe Vernachlässigung. Ein abgebrochener Kontakt zählt nicht dazu.
Wie hoch ist die Unterhaltszahlung?
Das Sozialamt wird tätig, wenn ein Verdacht oder ein Hinweis auf entsprechend hohes Einkommen vorliegt. Auf Verlangen des Amtes müssen die Einkommensverhältnisse offengelegt werden – auch die des Partners! Die Höhe der zu leistenden Zahlung richtet sich nach der „Düsseldorfer Tabelle“, die auch ansonsten in Unterhaltsfragen herangezogen wird.
Kompliziert wird es, wenn es mehrere Kinder gibt, von denen mindestens eins die genannte Einkommensgrenze überschreitet. Denn: grundsätzlich ist jedes Kind zum Unterhalt verpflichtet, je nach Höhe seines Einkommens. Zunächst wird daher ausgerechnet, wieviel Unterhalt jedes Kind entsprechend seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse leisten müsste. Der Betrag wird zur Höhe der ungedeckten Pflegekosten prozentual ins Verhältnis gesetzt.
Dann wird geprüft, welches Kind die 100.000-€-Grenze überschreitet. Dieses muss dann entsprechend dem zuvor individuell ermittelten Prozentsatz, angewandt auf die ungedeckten Pflegekosten, zahlen. Die anderen Kinder zahlen ihren Anteil nicht.
Wenn dann trotzdem noch etwas zur Deckung der Pflegekosten fehlt, geht das zulasten des Sozialamtes. Bei der Anwendung der „Düsseldorfer Tabelle“ werden div. persönliche finanzielle Belastungen herausgerechnet, z.B. lfd. Darlehensverpflichtungen, berufsbedingte Aufwendungen, Krankenkassenbeiträge. Außerdem wir der „Selbstbehalt“ abgesetzt, für Alleinstehende mindestens 2.000 € netto, für einen Partner weitere 1.600 €.
Es gibt dazu Rechner im Internet. Bei Zweifel: unbedingt beraten lassen!
Jahresbrutto – was zählt dazu?
Gewinn aus Selbständigkeit (Durchschnitt der letzten 3-5 Jahre), Arbeitslohn (letztes Jahr), Einkünfte aus Geldanlagen, Vermietung und Verpachtung (ggf. anteilig bei mehreren gemeinsamen Eigentümern), Renten aller Art. Steuerliche Abzüge, z.B. Kinderfreibetrag, bleiben unberücksichtigt. Kindergeld wird nicht einbezogen; es steht dem Kind zu.
Allerdings: Es gibt Ausgaben, die als Abzug geltend gemacht werden können, z.B. Unterhaltszahlungen an die eigenen Kinder, Ausgaben für die private Altersvorsorge, Aufwand für Miete und Mietnebenkosten bis 480 €. Das Thema ist komplex. Im Zweifelsfall muss man sich fachlich beraten lassen.
Verzicht auf Unterhaltsanspruch
Eine solche Erklärung von zu pflegenden Elternteilen ist unwirksam. Der Staat muss den Unterhalt von zur Zahlung Verpflichteten einfordern und beitreiben. Vereinbarungen zur Reduzierung der Unterhaltspflicht oder Abfindungen sind ebenso wenig eine Lösung. Ein Verzicht ist allenfalls denkbar, wenn und soweit sich bei den Eltern Rücklagen aus zuvor geleisteten Unterhaltszahlungen gebildet haben.
Schenkungen im 10-Jahres-Zeitraum
Nach dem Gesetz dürfen „verarmte Menschen“ das, was sie in den letzten 10 Jahren verschenkt haben, zurückfordern – egal ob Geld, Wertsachen, Aktien oder Immobilien. Das gilt gegenüber jeder beschenkten Person. Es geht dabei nicht um „kleine“ Gelegenheitsgeschenke, wie den Hunderter zum Geburtstag oder zu Weihnachten. Anders bei über längere Zeit regelmäßig geschenkte Beträge, z.B. monatlich 50 € von der Oma an die Enkelin zum Vermögensaufbau („für das Studium“ oder auf einen Bausparvertrag)! Das kann zurückgefordert werden. Und wieder anders bei der „privilegierten Schenkung“ (Anstands- oder Pflichtschenkungen wie das regelmäßige Taschengeld von Opa an Enkel).
Entscheidend ist, ob es durch die Schenkung zu Vermögen kommen kann. Den Rückforderungsanspruch macht das Sozialamt geltend, wenn es für offene Pflegekosten einspringen soll.
Übrigens: Dieser 10-Jahres-Zeitraum darf nicht verwechselt werden mit der ebenso langen Frist, in der Erben auf Beschenkte zurückgreifen können. Da schmilzt der Anspruch auf Rückforderung mit jedem vergangenen Jahr seit der Schenkung um 10 % ab. In unserem Fall jedoch kann die volle Schenkung aus den letzten 10 Jahren zurückgeholt werden.
© Gruppe Sozial- und Bildungswerk
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