Bielefeld-Ummeln. In der Begleitung und Behandlung schwerkranker und sterbender Patienten werden Ärzte ständig mit Fragen nach Therapiebegrenzung in Bezug auf die Grundkrankheit oder Beendigung lebenserhaltender Maßnahmen konfrontiert. Die moderne Medizin hat in ihrem Bestreben, Krankheiten zu heilen und Leben zu verlängern, die Grenze zwischen Leben und Tod immer wieder neu definiert. Der Palliativmediziner Dr. Herbert Kaiser vom Klinikum Gütersloh nahm am vergangenen Freitag, 5. Februar 2016, auf Einladung des SBW dazu Stellung aus fachärztlicher Sicht.
In der neuapostolischen Kirche in Bielefeld-Ummeln warteten 50 interessierte Zuhörer auf diesen Vortrag, den Dr. Kaiser unter das Motto "Ethische Entscheidungen am Lebensende" gestellt hat. Der Mediziner hat vor 20 Jahren die Palliativstation am Klinik Gütersloh mit ins Leben gerufen und setzt sich seitdem für Maßnahmen für eine sinnvolle Lebensverlängerung bei schwer-und schwerstkranken Menschen ein.
Dabei könne heute die Machbarkeit medizinischer Maßnahmen alleine nicht mehr entscheidend sein für deren Anwendung, sagte der Internist. Der Sinn medizinischer Maßnahmen lasse sich nur im Zusammenhang mit der Biographie, den Werten, Wünschen und Hoffnungen eines Patienten bestimmen. Hier müssten Arzt und Patient vertrauensvoll zusammenarbeiten, um sinnvolle Lebensverlängerung zu erreichen und sinnloses Hinauszögern des Sterbens bei schwerer Krankheit zu vermeiden. "Für mich ist das ehrliche Gespräch mit meinen Patienten der wichtigste Schritt im Rahmen einer Therapie", sagte Dr. Kaiser.
"Wir müssen zunächst die juristische und moralische Grenze ausloten, besprechen dann Diagnose und Prognose, stellen Unterstützungsangebote vor, und suchen dann auch mit den Angehörigen zusammen nach geeigneten Lösungen", fasste Dr. Herbert Kaiser die Schritte seiner Arbeit als Palliativmediziner zusammen. Dabei stehe der Wille des Patienten stets im Vordergrund. "Wenn er uns sagt, dass er keine Diagnose wünscht, keine Schmerzen haben möchte und auch keine Operation will, dann müssen wir das akzeptieren", sagte der Internist.
Dennoch sei es das Ziel der Palliativmedizin, den Patienten durch eine umfassende stationäre Behandlung eine Rückkehr in seine häusliche Umgebung zu ermöglichen. Den Patienten, bei denen eine Entlassung auf Grund der fortgeschrittenen Erkrankung nicht mehr angestrebt werden kann, soll ein würdevolles Sterben ermöglicht werden.
Nach dem Vortrag gab es reichlich Gelegenheit, Fragen zum Thema zu stellen. Im Vorraum der Kirche hatte das SBW einen Info-Stand aufgebaut, an dem Bärbel Johanning als SBW-Regionalbeauftragte für Bielefeld über die Arbeit und Aufgaben des Neuapostolischen Sozial- und Bildungswerks informierte.
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