Recklinghausen-Suderwich. In Deutschland werden jährlich Hunderte Tonnen Antibiotika an Nutztiere verabreicht. Die Folge: Verbreitung von multiresistenten Keimen, die auch Menschen gefährlich werden können. Wer auf bessere Haltungsbedingungen und Bio setzt, tut etwas gegen übermäßigen Medikamenten-Einsatz.
Weltweit wird Tieren – oft ganzen Tierbeständen – zu oft Antibiotika verabreicht. Falsche Dosierung, falsche Behandlungsdauer und Antibiotikaeinsatz, der durch bessere Haltungsbedingungen vermeidbar wäre – all das wird von Experten kritisiert. Der ungebremste Antibiotika-Einsatz hat zu einer massiven Ausbreitung von resistenten Bakterien geführt. Und die sind dann beim Menschen immer schwerer zu behandeln. In Europa sterben in jedem Jahr etwa 33.000 Menschen, weil bei ihnen antibiotika-resistente Keime nicht mehr in den Griff zu kriegen sind, stellt die NRW-Verbraucherzentrale fest.
Resistente Bakterien gelangen über Lüftungsanlagen in den Ställen in die Umwelt. Noch in 350 Metern Abstand konnten sie in der Luft nachgewiesen werden und 500 Meter vom Stall entfernt auf dem Boden. Auf Gemüse wurden resistente Bakterien gefunden, die der Landwirt mit Gülle auf die Felder ausgebracht hatte.
Verbraucherorganisationen fordern zu Recht: Zuchttiere müssen so gehalten werden, dass Krankheitsausbrüche möglichst vermieden werden. Antibiotika dürfen in der nicht bestandsübergreifend vorbeugend eingesetzt werden, sondern nur gezielt zur Behandlung von Krankheiten.
Das hatte schon sichtbare Folgen: im Jahr 2011 setzte die Tiermedizin noch 1706 Tonnen Antibiotika ein, 2019 nur noch 670 Tonnen. Aber das reicht noch nicht! Dabei sind nicht die Antibiotikarückstände in Lebensmitteln das Problem. Schlachtungen, Tierproduktvermarktungen dürfen erst vorgenommen werden, wenn die Rückstände abgebaut sind. Das Problem sind die resistenten Keime, die auf den Menschen überspringen können. Die können von Tier zu Mensch und von Mensch zu Mensch ebenso übertragen werden, wie über verunreinigte und vor Verzehr nicht ausreichend erhitzte Lebensmittel, also Fleisch, Wurst, Milch.
Die richtige Tierhaltung ist Voraussetzung für eine Verringerung der Gefahren: Tiergerechte Haltungsbedingungen bei kontrolliertem Stallklima; mehr Platz für die Tiere, gute Hygiene - einschließlich sauberem Trinkwasser - und regelmäßige tierärztliche Kontrollen; Auswahl robuster Tierrassen, die dann vielleicht nicht so effektiv sind, also beispielsweise weniger Milch geben.
Als Verbraucher kannst du deinen Beitrag leisten durch Kauf von Biofleisch, -milch und -eier. Die ökologische Tierhaltung ist deutlich weniger leistungsorientiert und damit schonender für die Tiere, so dass sie seltener mit Antibiotika behandelt werden müssen. Einige Biolandwirte verzichten bewusst auf den Einsatz von Antibiotika, die für die medizinische Behandlung von Menschen wichtig sind. Deshalb werden in Ökobetrieben und Bio-Lebensmitteln kaum antibiotikaresistente Keime nachgewiesen.
Setzt der Landwirt nicht vorrangig auf hohe Leistung der Nutztiere, müssen meist weniger Antibiotika eingesetzt werden. Dazu gehört beispielsweise Fleisch aus Freilandhaltung oder mit der "Haltungsform"-Kennzeichnung 3 und 4. (Dazu demnächst mehr.)
Mediziner raten grundsätzlich:
Verbraucher sollten peinlichst Hygieneregeln einhalten beim Umgang mit tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln im Haushalt. Sie könnten mit Keimen – auch antibiotikaresistenten – verunreinigt sein. Fleisch sollte gut durchgegart und rohes Gemüse und Obst vor dem Verzehr sorgfältig gewaschen werden. Wir sollten antibiotische Arzneimittel nur nach eindeutiger Diagnose und ärztlicher Verordnung einnehmen, die ärztlichen Anweisungen genau einhalten, z.B. zur Dauer der Einnahme eines Antibiotikums.
© Gruppe Sozial- und Bildungswerk
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