Recklinghausen-Suderwich. Der SBW-Fachmann Wolfgang Wegener berichtete vor einer Woche an dieser Stelle über die Anhebung der Pfändungsfreigrenzen und die Auswirkung auf das laufende Einkommen.
Die Änderungen wirken sich auch beim Pfändungsschutzkonto (P-Konto) aus. Das kommt vor allem dann zum Tragen, wenn der Gläubiger nicht das Einkommen, sondern die Gutschriften auf dem Girokonto gepfändet hat. Aber nicht nur: Es kommt auch immer wieder vor, dass Gläubiger beides machen, nämlich Pfändung des Einkommens und des Kontos. Zu dieser Thematik gibt Wegener nachfolgend grundsätzliche und ergänzende Hinweise zum letzten Artikel.
Der Pfändungsschutz zum Girokonto ist (noch) in § 850k ZPO geregelt. Die Pfändungstabelle zum § 850c ZPO (siehe Artikel vom 15.07.) ist hier nicht anwendbar. Der Kontopfändungsschutz funktioniert nur, wenn das Konto als P-Konto geführt wird. Die Bank muss auf Antrag des Kontoinhabers den P-Konto-Schutz „einschalten“.
Den Antrag muss man teilweise persönlich in der Bank stellen, findet aber oft auch Antragsvordrucke im Internetauftritt der Bank. Nach dem Aktivieren der P-Kontofunktion bleiben die Kontonummer und die Gebührenkonditionen unverändert. Man kann weiter sein Konto „online“ führen und die Grundfunktionen nutzen, also Ein-/Auszahlung (auch am Automaten), Überweisungen, Lastschriften, Daueraufträge, Nutzung der Bankkarte am Point of Sale (bei Einkäufen im Geschäft) oder im Internet. Allerdings wird es oft so sein, dass die Bank dann bisher eingeräumte Kreditlinien / Dispos streicht und eine ausgegebene Kreditkarte zurückfordert.
In welchen Fällen sollte man die P-Kontofunktion einrichten lassen?
Man kann das vorsorglich tun, wenn man Schulden hat und Vollstreckungsmaßnahmen von Gläubigern befürchten muss. Wegener rät aber nicht in jedem Fall dazu. Man macht die Bank nur unnötig unruhig – mit oben beschriebenen Konsequenzen.
Es reicht oft zu handeln, wenn eine Kontopfändung erfolgt ist. Dann hat der Kontoinhaber ab dem Tag der Zustellung der Pfändung bei der Bank vier Wochen Zeit, eine Umstellung auf P-Konto zu veranlassen. Man erfährt von der Kontopfändung, weil der Gerichtsvollzieher nach der Zustellung bei der Bank auch eine Ausfertigung des Pfändungsbeschlusses bei dem Schuldner vornehmen muss. Viele Banken informieren über die Zustellung des Beschlusses auch selbst ihren Kunden. Mit der Weisung, das Konto auf P-Kontofunktion umzustellen, wirkt automatisch der grundsätzliche Schutz gem. § 850k ZPO.
Was heißt das?
Dem Kontoinhaber steht damit der Zugriff auf Kontogutschriften in einem Umfang von jetzt neu 1.252,64 € zu (= Grundfreibetrag). (Bis 30. Juni .2021 waren es 1.178,59 €; also jetzt 74,05 € mehr.) Verfügt er nicht alles im Monat der Gutschrift, wird der nicht genutzte Betrag für den Folgemonat zusätzlich frei gestellt.
Beispiel: im Juni sind insgesamt 1.100 € auf dem Konto eingegangen. Verfügt wurden nur 1.000 €. Dann werden 100 € auf Juli übertragen und der Freibetrag für diesen Monat beträgt 1.252,64 € + 100,00 € = 1.352,64 €. Wenn dann im Juli wieder 1.100 € eingehen, kann der Kontoinhaber 1.200 € verfügen, nämlich die 100 € aus dem Vormonat und die 1.100 € neu eingegangenen. Macht er das nicht sondern hebt nur 60 € ab, dann werden von den 100 € aus dem Juni-Rest 40 € an den Gläubiger überwiesen und die Bank überträgt die 1.100 € Gutschrift aus Juli auf den Freibetrag August, der damit auf 2.352,64 € anwächst.
Auch beim Kontopfändungsschutz werden Unterhaltspflichten berücksichtigt. Der Grundfreibetrag von 1.252,64 € kann für die erste Unterhaltspflicht (egal ob Ehepartner oder Kind oder sonstige Person) um 471,44 € und für bis zu weiteren 4 Unterhaltsberechtigten um jeweils 262,65 € erhöht werden. Beispiel der Familie mit zwei Kindern, bei denen nur ein Ehepartner Einkommen hat: 1.252,64 + 471,44 + 262,65 + 262,65 = 2.249,38 €. Dazu kommen 2x Kindergeld, also derzeit 438,00 €, macht einen Kontofreibetrag von 2.637,38 €.
Zum Vergleich: Im Beitrag vom 15. Juli hatte Wegener dieselbe Musterfamilie gewählt, aber mit einem Einkommen des Vaters von 2.700 € netto. Da kam nach der 850c-Pfändungstabelle auf ein freies Einkommen von 3.002,81 €, also 315,43 € mehr.
Was dann zu tun ist und was sonst noch zum P-Konto wichtig ist, findet ihr am nächsten Donnerstag im Teil III zu diesem Thema.
© Gruppe Sozial- und Bildungswerk
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